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Abhängig von TikTok & Co.

Wie Social-Media-Algorithmen die Mechanismen des Lernens ausbeuten und auf die Gehirnentwicklung junger Menschen einwirken

Positionspapier, erschienen am 29.2.2024

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Profitmaximierung um jedem Preis? Social-Media-Plattformen nutzen süchtigmachende Designs um Bildschirmzeiten und damit Gewinne zu maximieren - trotz gesundheitlichen Risiken für die Nutzenden. Die neurowissenschaftlichen Hintergründe erklärt der Rat für Digitale Ökologie (RDÖ) in seiner neusten Publikation.
 
Berlin, 29. Februar 2024 – Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram, TikTok usw. erzeugen Abhängigkeit oder gar Suchtverhalten bei ihren Nutzer:innen – sehr wahrscheinlich bewusst und gezielt. Die Designs der Plattformen und Algorithmen sind darauf angelegt, Verweildauer und Interaktion auf der jeweiligen Plattform zu maximieren, um so höchstmöglichen kommerziellen Nutzen zu ziehen. Dies geschieht durch die gezielte Aktivierung neuronaler Systeme, die der Mensch nicht bewusst steuern kann. 
 
Das ist das zentrale Ergebnis des neuesten wissenschaftlichen Positionspapiers des Rates für Digitale Ökologie mit dem Titel „Abhängig von TikTok & Co. Wie Social-Media-Algorithmen die Mechanismen des Lernens ausbeuten und auf die Gehirnentwicklung junger Menschen einwirken“. Professor Frederike Petzschner von der Brown-University und ihr Team zeigen, wie Design und Algorithmen tief in die Psyche eingreifen. Insbesondere für die Entwicklung der Gehirne junger Menschen hat dies womöglich gravierende Folgen. Welche, ist völlig ungewiss. Der Rat für Digitale Ökologie spricht angesichts hunderter Millionen betroffener Kinder und Jugendlicher daher vom derzeit größten sozialen Experiment der Menschheit.
 
Gerade hat die EU-Kommission ein formelles Ermittlungsverfahren gegen TikTok eingeleitet, anhängig ist auch eine Klage von 33 US-Bundesstaaten gegen das Technologieunternehmen Meta – in beiden Fällen geht es um die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen und den Verdacht der gezielten neuronalen Verführung.
 
 

Erklärvideo

 
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Live-Event in Berlin | Impressionen folgen!

Vor der Veranstaltung hat Frederike Petzschner mit Deutschlandfunk Kultur gesprochen. Hier nachhören!


Neueste Forschungen belegen: Intensive Nutzung von Social Media kann zu Suchtstrukturen führen, die so folgenreich sind wie eine Rauschmittelsucht. Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahren verbringen durchschnittlich über acht Stunden am Tag mit Unterhaltungsmedien, davon einen erheblichen Teil in sozialen Netzwerken. Was löst dieser heavy use in den jungen Gehirnen aus? Welche Fürsorgepflicht hat der Staat? Welche Verantwortung tragen die Digitalkonzerne?

Über diese Fragen und den aktuellen Forschungsstand diskutierten Frederike Petzschner (RDÖ & Brown-University) und die Philosophin Rebekka Reinhard (human Magazin).


Anonyme Scroller

 

Die Suche nach dem sweet spot im eigenen Mediennutzungsverhalten

Unsere Analyse zeigt: Wir brauchen neue Plattformen und mehr Regulation. Doch das dauert. Was man jetzt schon tun kann, diskutierten wir unter anderem an der re:publica 23 und an der Bits+Bäume an unseren Selbsthilfetreffen für alle, die das Gefühl haben, dass sie zu oft am Handy sind. Der Kontrollverlust, den immer mehr Menschen im Privaten erleben – man will z.B. nur kurz das Handy checken und plötzlich sind Stunden vergangen – wurde im Stuhlkreis offen problematisiert und gemeinsam reflektiert. Die hier verfügbare aktualisierte Broschüre berichtet von den Gesprächen der ersten Anonymen Scroller, die hoffentlich viele Nachahmer:innen finden werden. Außerdem versammelt sie Ursachen und Folgen der übermäßigen Smartphone- und Internetnutzung und liefert erste Ansätze und Taktiken für einen gesünderen und bewussteren Umgang.